Komponist*innen

Fasch, Johann Friedrich (1688–1758)

* 15. April 1688 in Buttelstedt, † 05. Dezember 1758 in Zerbst

Biografie

Johann Friedrich Fasch, Sohn eines thüringischen Schuldirektors, kam nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1700 zur Erziehung zu einem Onkel nach Teuchern im heutigen Sachsen-Anhalt, dem Geburtsort des Opernkomponisten Reinhard Keiser (1674–1739). Er wurde Chorknabe in der Weißenfelser Hofkapelle unter dem damaligen Hofkapellmeister Johann Philipp Krieger. Doch bereits 1701 wechselte er an die Thomasschule in Leipzig und war Mitglied des Thomanerchores unter dem neu berufenen Thomaskantor Johann Kuhnau. In diese Zeit fallen erste Kompositionen, orientiert am großen Vorbild Georg Philipp Telemann, der an der Neuen Kirche in Leipzig Organist und Musikdirektor war. Es folgte ab 1708 ein Studium der Jurisprudenz und vermutlich auch Theologie in Leipzig. In dieser Zeit gründete Fasch ein Studentenorchester, das sowohl in Konkurrenz zum ebenfalls aus Studenten bestehenden Collegium musicum Telemanns (dem späteren Gewandhausorchester) als auch zur Musik an der Thomaskirche stand, aber dennoch zum offiziellen Akademischen Orchester der Universität avancierte. Obwohl Johann Friedrich Fasch aus Geldmangel nie professionellen Instrumental- und Kompositionsunterricht erhielt (abgesehen von kurzen, kostenlosen Studienaufenthalten 1714 beim Darmstädter Hofkapellmeister Christoph Graupner und dessen Vizekapellmeister Gottfried Grünewald) und somit als Autodidakt bezeichnet werden kann, bekam er schon während seiner Studienzeit Opernaufträge, zum Beispiel für die berühmte Peter-Pauls-Messe in Naumburg, für die er 1711 die heute verschollene Oper Clomire komponierte.

Nach zwei Wanderjahren und kurzen Anstellungen in Gera (als „Secretair und Cammerschreiber“) und Greiz (als Stadtschreiber und Stadtorganist) sowie einer Zeit als Komponist beim Grafen Morzin in Prag war das Leben von Johann Friedrich Fasch ab 1722 eng mit dem Zerbster Fürstenhof verbunden. Hier war er bis zu seinem Tod 1758 sechsunddreißig Jahre lang als Hofkapellmeister tätig. Für diese Stelle zog er seine Bewerbung auf das Thomaskantorat in Leipzig zurück, das dann ja bekanntermaßen der damalige Hofkapellmeister und Kammermusikdirektor am Köthener Hof, Johann Sebastian Bach, übernahm. Ein Grund für Faschs Ablehnung der Leipziger Stelle war wohl die mit dem Kantorenamt verbundene Verpflichtung zum Lateinunterricht.

Zerbst um 1650 (Kupferstich von Matthäus Merian)

 

Das lutherisch-orthodoxe Fürstentum Anhalt-Zerbst bestand von 1603 bis 1797 und gehörte mit kontinuierlich 20 000 Einwohnern (ohne die Einwohner der seit 1667 zum Fürstentum gehörigen Herrschaft Jever) zu den kleineren seiner Art. Bedeutendster Spross dieses Fürstenhauses war die spätere Zarin von Russland, Katharina die Große.

Als Johann Friedrich Fasch für ein Jahresgehalt von 350 Reichstalern nach Zerbst kam, bestand die dortige Hofkapelle zunächst aus zehn bis zwölf Mitgliedern. Unter Faschs Leitung wurde der Personalbestand in den folgenden Jahren nahezu verdoppelt (siehe die Übersicht bei Reul 2011, S. 280–286). Verstärkt wurde die Zerbster Hofkapelle bei besonderen Anlässen durch die Militärmusiker der fürstlichen „Hautboistenbande“ sowie gelegentlich durch auswärtige Gastmusiker. Alte Rechnungen belegen, dass das Anhalt-Zerbster Fürstenhaus zur Zeit Faschs genauso viel Geld für Bier ausgab wie für die Besoldung der gesamten Hofkapelle. Eine Violine kostete etwas mehr als ein Fass Bier und dasselbe wie ein Schwein (Schmidt 1999, S. 324).

Musikhistorische Bedeutung

Johann Friedrich Fasch hatte im Rahmen seiner Anstellung in Zerbst ein gewaltiges kompositorisches Pensum zu bewältigen. Er schreibt dazu in seiner Autobiografie, die 1757 von Friedrich Wilhelm Marpurg in den „Historisch-kritischen Beyträgen zur Aufnahme der Musik“ (Band 3, Stück 2, S. 124–129) veröffentlicht wurde: „Hier hatte ich gleich in dem ersten Kirchenjahre von 1722. bis 23. einen doppelten Jahrgang auf den Vor- und Nachmittag des Gottesdienstes zu componiren, daher bey jedem kleinen Festtage, der mir einfiele, ich selbige Woche 4 Kirchenstücke componirte; hierzu kam noch eine starke Paßion, und drei Serenaten zu den hohen Geburtstagen.“

Um den Fundus an eigener Kirchenmusik durch Kantatenjahrgänge anderer Musiker zu erweitern, baute Fasch ab 1728 ein „Korrespondentennetz zum Austausch von Musikalien“ auf, welches sich in einer umfangreichen Notenbibliothek, der „Concert-Stube“, niederschlug. Zwar ist ein Inventarverzeichnis von 1743 erhalten, der Inhalt der Bibliothek selbst aber fast vollständig verloren. Dieses Verzeichnis ist heute eine der wichtigsten Quellen zur Aufarbeitung von Repertoire und spielerischem Vermögen der Zerbster Hofkapelle in Faschs 36 Amtsjahren sowie der Verbreitung verschiedener Komponisten und Werke, wobei Fasch selbst mit 113 Titeln vorrangig vertreten ist. Daneben waren es wohl hauptsächlich die Werke von Georg Philipp Telemann und Antonio Vivaldi, die er schätzte und in seinen Fundus aufnahm. Besonders der Dresdner und der Darmstädter Hof interessierten sich im Rahmen des Musikalientausches für Werke Faschs, vor allen Dingen für dessen Instrumentalmusik, und richteten diese für den praktischen Gebrauch ein. Fasch scheint somit mit seiner Musik den Geschmack dieser weltoffenen Höfe getroffen zu haben.

Werke

Faschs Vokalmusik ist zum größten Teil verloren gegangen. Allein Faschs geistliches Kantatenschaffen (er komponierte nachweislich 24 Apostelstücke und acht komplette kirchenmusikalische Jahrgänge für den Zerbster Hof, einige davon als doppelte Jahrgänge mit Musik für den Vor- und den Nachmittagsgottesdienst an Sonn- und Festtagen) dürfte ca. 1.000 Werke umfasst haben, überliefert sind davon aber nicht einmal 100 Werke. Die Internationale Fasch-Gesellschaft e. V. in Zerbst, wegweisend in der internationalen Fasch-Forschung, erstellt zurzeit ein neues Verzeichnis unter dem Namen Fasch-Repertorium (FR), von dem 2013 das Verzeichnis der Vokalwerke online gestellt wurde.

Johann Friedrich Fasch schrieb neben der für die Musik in der Zerbster Hofkirche bestimmten Kirchenmusik mindestens 4 Opern, die verschollen sind, an die 100 Ouvertürensuiten, weltliche Vokalwerke („Serenaten“ als anlassgebundene höfische Festmusiken), Instrumentalkonzerte, 19 Sinfonien und Kammermusik.

Eine Ausstellung der Internationalen Fasch-Gesellschaft e. V. im 2. Obergeschoss des Zerbster Schlosses widmet sich in zwei Räumen dem Leben und Wirken des ehemaligen Zerbster Hofkapellmeisters und dem seines Sohnes Carl Friedrich Christian.

Die Stadt Zerbst ehrt ihren berühmten Kapellmeister durch die in der Regel aller zwei Jahre stattfindenden Internationalen Fasch-Festtage, die sie zusammen mit der Internationalen Fasch-Gesellschaft e. V. ausrichtet. Seit 2013 steht an der Stelle, an der einstmals Faschs Wohnhaus gestanden hat, ein Gedenkstein (Bild unten).

Gedenkstein für Johann Friedrich Fasch in Zerbst

Klangbeispiele

Ouvertürensuiten in g-Moll und B-Dur, Il Fondamento

Trios & Sonatas, Epoca Barocca

Literatur

Stephan Blaut, Art. “Fasch, Johann Friedrich”, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2., neubearb. Ausgabe, hrsg. von Ludwig Finscher, Personenteil, Bd. 6, Kassel u. a. 2001, Sp. 759–775.

Rüdiger Pfeiffer, Johann Friedrich Fasch 1688–1758. Leben und Werk, Wilhelmshaven 1994.

Barbara M. Reul, „The Court of Anhalt-Zerbst“, in: Music at German Courts, 1715–1760. Changing Artistic Priorities, hrsg. von Samantha Owens, Barbara M. Reul und Janice B. Stockigt mit einem Vorwort von Michael Talbot, Woodbridge und Rochester 2011, S. 259–286, v. a. Übersicht S. 280ff.

Dies., „Untersuchungen zu Johann Friedrich Faschs Biographien von 1732 und 1757“, in: Zerbst zur Zeit Faschs – ein anhaltinischer Musenhof. Bericht über die Internationale Wissenschaftliche Konferenz am 17. und 18. April 2015 im Rahmen der 13. Internationalen Fasch-Festtage in Zerbst/Anhalt (= Fasch-Studien 13), Beeskow 2015, S. 317–334.

Maik Richter, „Zwischen Kontinuität und Wandel. Annotationen zum Repertoire der Köthener Hofkapelle unter Fürst August Ludwig“, in: Cöthener Bach-Hefte 14, Köthen (Anhalt) 2013, S. 33–60, v. a. Übersicht S. 46 ff.

Link

Internationale Fasch-Gesellschaft e. V.

Hier kann man sich auch ein Klangbeispiel mit der Musik Johann Friedrich Faschs anhören.

 Anregungen für den Unterricht

Wo befindet sich der Gedenkstein, mit dem die Stadt Zerbst ihren ehemaligen Hofkapellmeister ehrt? Was befand sich zur Zeit Faschs an diesem Ort? An welchen Spielstätten trat Fasch mit der Zerbster Hofkapelle auf?

Begebt euch auf eine Spurensuche und dokumentiert, welche Straßen, Plätze und Gebäude sich heute an den historisch bedeutsamen Orten befinden. Haltet eure Ergebnisse in Text und Bild fest.

Siehe dazu den Stadtrundgang entlang des Katharina-Weges in Zerbst/Anhalt.

Materialien zum Download

Arbeitsblatt (PDF)

Komponistenpersönlichkeiten in Sachsen-Anhalt (Schüler-Arbeitsblatt im Word-Format für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

SM 2017