Komponist*innen

Krieger, Johann Philipp (1649–1725)

*  Februar 1649 in Nürnberg, † 06. Februar 1725 in Weißenfels

Biografie

Johann Philipp Krieger wurde am 6. Februar 1649 in Nürnberg getauft, wo er auch die Schule besuchte und ersten Klavierunterricht bei dem Froberger-Schüler Johann Drechsel erhielt. Ab 1663 oder 1665 schloss sich ein mehrjähriger Aufenthalt in  Kopenhagen an. Dort wurde er vom Kammerorganisten Johann Schröder unterrichtet sowie von Caspar Förster dem Jüngeren in Komposition unterwiesen. Auf Wunsch seiner Eltern kehrte Johann Philipp Krieger 1670 nach Nürnberg zurück, obwohl König Friedrich III. von Dänemark, der sein Talent erkannte, ihn angeblich davon abbringen und in Kopenhagen halten wollte (Spitta 1883). Zwischen 1671 und 1673 – das Jahr ist nicht genau geklärt – trat er eine Stelle als Kammerorganist und Kapellmeister in Bayreuth an. 1672 begab er sich auf eine Studienreise nach Italien, vervollkommnete dort seine musikalische Ausbildung in Komposition und Klavier (u. a. bei Johann Rosenmüller und Bernardo Pasquini) und machte die Bekanntschaft mit vielen Musikern, u. a. mit Francesco Cavalli und Giacomo Carissimi.  Nach seiner Rückkehr nach Bayreuth 1675 erhielt Johann Philipp Krieger von Kaiser Leopold I. den Adelsbrief. Ende 1677 ernannte ihn der Administrator des Erzstifts Magdeburg, Herzog August von Sachsen, zum Kammermusiker und Kammerorganisten am herzoglichen Hof in Halle. Mit dieser Position begnügte er sich allerdings nicht und machte deshalb auf seinen eigenen Fleiß sowie bisher erlangtes Renommee aufmerksam, so dass er am 15. Februar 1678 (Samuel 2003/2016) zum Vizekapellmeister – in der Position des Kapellmeisters befand sich zu dieser Zeit noch David Pohle – im Dienste des Fürstenhauses in Weißenfels ernannt wurde.  Am 23. Dezember 1680 rückte er schließlich auf die Position des Kapellmeisters nach. Die Ernennung erfolgte durch Augusts Nachfolger Herzog Johann Adolf, der den Hof von Halle nach Weißenfels in das Schloss Neu-Augustusburg verlegte. Diese Stellung hatte Johann Philipp Krieger bis zu seinem Tod 45 Jahre lang inne.

Schloss Neu-Augustusburg in Weißenfels, Zeichnung aus dem späten 18. Jahrhundert

 

Durch seine Heirat mit Rosine Helene Nicolai im Jahr 1684 entstand eine Verwandtschaft Kriegers zur Familie Händel. Die große musikalische Begabung des jungen Georg Friedrich Händel soll am Weißenfelser Hof anlässlich eines Orgelvorspiels des knapp 7-Jährigen nach einem Gottesdienst entdeckt worden sein, bei dem der Herzog und wohl auch Johann Philipp Krieger (Spitta 1883) anwesend waren.

Gedenktafeln am Schloss Neu-Augustusburg in Weißenfels

Musikhistorische Bedeutung

Johann Philipp Krieger gilt als einer der führenden Musiker seiner Zeit. Mit viel Fleiß und Schaffenskraft prägte er als Kapellmeister, Kammermusiker und Kammerorganist die Musikkultur in und um Weißenfels. In kompositorischer Hinsicht muss die durch ihn erfolgte Einführung italienischer und französischer Form- und Satztechniken in die deutsche Musik hervorgehoben werden. Italienisch beeinflusst sind vor allem seine Fugensätze sowie die Kammerbesetzungen für drei Instrumente, während sich die Einflüsse der französischen Techniken besonders in den Suiten bemerkbar machen. Johann Philipp Krieger schrieb zahlreiche Opern für Dresden, Braunschweig, Hamburg und Weißenfels und trug dazu bei, dass sich der Weißenfelser Hof zu einer bedeutenden Pflegestätte der frühen deutschen Oper entwickeln sollte.

Musikhistorische Bedeutung erlangte Krieger auch dadurch, dass er vermutlich den Anstoß für die madrigalischen Kantatendichtungen des evangelischen Theologen Erdmann Neumeister gab, der um 1704 bis 1706 als Hofgeistlicher ebenfalls in Weißenfels wirkte. Das Prinzip des Opernlibrettos und dessen Zusammensetzung aus Rezitativen und Arien auf der Grundlage betrachtender Dichtungen wurde von Neumeister auf die deutsche Kirchenkantate übertragen. Damit entwickelte sich eine zur damaligen Zeit neue Form der protestantischen Kirchenmusik.

Neben Johann Philipp Krieger zählten Philipp Heinrich Erlebach, Georg Philipp Telemann und Johann Sebastian Bach zu jenen Komponisten, die die Kantatenjahrgänge Neumeisters vertonten. Unter den Schülern Kriegers sind einige hervorragende Musiker zu nennen, so unter anderem sein Sohn Johann Gotthilf Krieger, Tobias Volckmar und vermutlich auch Johann Friedrich Fasch.

Werke

Johann Philipp Krieger schrieb eine große Anzahl von Instrumentalwerken, darunter zu nennen zwei Sammlungen mit Triosonaten und eine Suitensammlung sowie auch Klavierwerke, von denen allerdings nur wenige Stücke erhalten sind. Neben kirchlichen und weltlichen Sologesangsstücken erschienen zahlreiche Opern, einige Singspiele und vielstimmige Kirchenmusiken unter seinem Namen, von denen die Kantaten den weitaus größten Anteil in seinem Schaffen einnehmen.

Von den insgesamt etwa 2500 Kompositionen Kriegers, der akribisch über seine Werke Buch führte (Gundlach 2001), ist nur ein Bruchteil erhalten.

Erhaltene Werke:

12 Triosonaten op. 1 (Nbg 1688), 12 Sonaten für V. und Gambe op. 2 (Nbg 1693), Musicalischer Seelenfriede (20 geistliche Arien mit V. und B., Nbg 1704), Arien aus den Opern Flora, Cekrops und Procris, Phöbus, Eheliebe, Wunderbrunnen und Scipio (2 Bde, Nbg 1690 u. 1692)

Arie “Absorta est mors in victoriam” (Altstimme) von Johann Philipp Krieger in einer handschriftlichen Kopie von Gustaf Düben (ca. 1628–1690)

Klangbeispiele

Triosonaten Nr.1–12 (1688) für 2 Violinen und B. c., Parnassi musici

Sonata Nona und Sonata Terza Canon in Unisono, UNERHÖRTES AUS NAUMBURG – SELTENES UND UNBEKANNTES, Aufzeichnung vom Mittwoch, den 30. Juni 2021, im Rahmen des 10. Musikfestes UNERHÖRTES MITTELDEUTSCHLAND (16:17–21:36 und 53:38–1:00:19)

Noten zum Download

Johann Philipp Krieger in der Petrucci Music Library

Literatur

Torsten Fuchs, Studien zur Musikpflege in der Stadt Weißenfels und am Hofe der Herzöge von Sachsen-Weißenfels: ein Beitrag zur mitteldeutschen Musikgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts, Lucca 1994, zugl. Diss. Halle (Saale) 1990.

Klaus-Jürgen Gundlach, Das Weissenfelser Aufführungsverzeichnis Johann Philipp Kriegers und seines Sohnes Johann Gotthilf Krieger, Sinzig 2001.

Riemann Musiklexikon, Aktualisierte Neuauflage in fünf Bänden, hrsg. von Wolfgang Ruf in Verbindung mit Annette von Dyck-Hemming, 13. Aufl., Mainz 2012, Bd. 3, Art. Krieger, Johann Philipp, S. 124–125.

Harold E. Samuel/Torsten Fuchs, Art. „Krieger, Familie “, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 2003, online veröffentlicht 2016, https://mgg-online.com/article?id=mgg07543&v=1.0&rs=mgg07543.

Philipp Spitta, Art. „Krieger, Johann Philipp“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 458–459, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Krieger,_Johann_Philipp&oldid=2500766.

Link

Artikel “Krieger, Johann Philipp” von Philipp Spitta in der Allgemeinen deutschen Biografie (Historische Quelle)

Materialien zum Download

Arbeitsblatt (PDF):

Komponistenpersönlichkeiten in Sachsen-Anhalt (Schüler-Arbeitsblatt im Word-Format für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

Sebastian Preylowski 2017

Der Beitrag entstand im Rahmen eines Seminars im Sommersemester 2017 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.