Instrumente

Sauer-Orgel in der Moritzkirche in Halle (Saale)

Eine der bedeutendsten Orgeln der deutschen spätromantischen Orgelbaukunst steht in Halle (Saale) in der Moritzkirche. Die Orgel wird auch „Moritzorgel” genannt.

Die „Moritzorgel” in der Moritzkirche, Halle (Saale)

Orgelbauer

Wilhelm Sauer (1831–1916) stammte aus dem mecklenburgischen Friedland und war einer der bedeutendsten Orgelbauer der Romantik. Bereits sein Vater hatte eine Orgelbaufabrik in Friedland. Wilhelm Sauer eröffnete 1856 seine eigene Firma in Frankfurt (Oder). In der Zeit von 1857–1910 bauten Wilhelm Sauer und seine Mitarbeiter um die 1100 Orgeln in allen Teilen Deutschlands, vielen europäischen Ländern und einige sogar in Südamerika und Asien. Zwischen 1910 und 2000 wurde der Betrieb von Mitgliedern der Familie Walcker geführt, an die Wilhelm Sauer die Firma verkauft hatte. Seit der Insolvenz im Jahr 2000 gibt es in Frankfurt (Oder) eine neu gegründete Orgelbaufirma unter dem Namen W. Sauer Orgelbau Frankfurt (Oder) GmbH.

Beispielsweise in der halleschen Moritzkirche, der Aula der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der Konzerthalle Ulrichskirche in Halle und der Wittenberger Stadtkirche finden sich Orgeln der Firma Sauer.

St. Moritzkirche in Halle von Südwesten

Orgelgeschichte

(Die unterstrichenen Begriffe finden sich im Orgelglossar.)

Bereits im Jahr 1569 entstand die erste Orgel für die Moritzkirche von Esaias Beck. Im Zeitraum von 1624 bis 1626 errichtete der Orgelbauer Johann Heinrich Compenius eine Nachfolgeorgel, für die er Pläne von Samuel Scheidt verwendete. Fast zweihundert Jahre später wurde eine neue Orgel von Edmund Schulze gebaut, die 1925 durch eine pneumatische Orgel mit Taschenladen und einem freistehenden Spieltisch von Wilhelm Sauer aus Frankfurt (Oder) als dessen Opus 1307 ersetzt wurde. 1926/27 wurde die Orgel von 53 Registern auf 3 Manualen und Pedal auf 63 Register erweitert. 1945 veränderte der Orgelbauer Hans Michel (Crimmitschau) 8 Register der Orgel im Zuge der Orgelbewegung, deren Ziel unter anderem ein vermeintlich barockes Klangideal war.

In den 70er-Jahren wurde die evangelische Moritzkirche an die katholische Kirche übertragen. In der folgenden Zeit verschlechterte sich der Zustand der Orgel bis hin zur Unspielbarkeit aufgrund von Schäden bei der Kirchensanierung. 1998 bis 1999 wurden die ersten 11 Register der Orgel durch die Orgelbaufirma Schuke instandgesetzt. Ein Jahr später waren weitere 14 Register wieder einsatzbereit.

Die vollständige Sanierung und Rekonstruierung dieser Orgel wurde im Jahr 2009 durch die Halberstädter Orgelbaufirma Hüfken begonnen und am 18. September 2011 mit der Einweihung der Orgel beendet. Im Nachhinein wurde 2019 ein noch fehlendes Register ergänzt, das Krumbhorn 8ʹ im Hauptwerk.

Technische Ausstattung

Von großer Bedeutung ist, dass die Orgel zwei Schwellwerke besitzt. Ein weiteres wichtiges Merkmal sind die großen Tonumfänge in den Manualen und im Pedal. Bei den Manualen ist ein Umfang von fünf Oktaven und im Pedal von fast drei Oktaven vorzufinden. Durch die zahlreichen Register kann Musik der verschiedensten Epochen auf der Orgel erklingen, was sie hier in Mitteldeutschland einmalig macht (vgl. https://orgel-verzeichnis.de/halle-saale-altstadt-st-mauritius-moritzkirche/).

Heute besitzt die Orgel 63 Register, darunter 50 Labialregister und 13 Zungenregister. Sie ist im Bistum Magdeburg die größte Orgel (vgl. http://kirchenmusik-mauritius-elisabeth.de/Orgeln/Moritzkirche). Die Disposition ist hier zu finden.

Klangbeispiele

Stille Nacht, Heilige Nacht an der von der Firma Hüfken restaurierten Sauer-Orgel in der Moritzkirche Halle (Saale), Orgel: Tobias Geuther

Quellen

Kirchenmusik an der Propstei- und Moritzkirche Halle, Orgel Moritzkirche, http://kirchenmusik-mauritius-elisabeth.de/Orgeln/Moritzkirche) , abgerufen am 26.05.23.

Johannes Richter, Halle (Saale) / Altstadt – St. Mauritius (Moritzkirche) – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt, https://orgel-verzeichnis.de/halle-saale-altstadt-st-mauritius-moritzkirche/, abgerufen am 26.05.2023.

Links

Kirchenmusik an der Propstei- und Moritzkirche Halle

Förderverein Sauer-Orgel Halle (Saale) e. V.

W. Sauer Orgelbau Frankfurt (Oder) (Homepage)

Video (Link)

Die Orgel – ungewohnte Einblicke in das Instrument des Jahres 2021
Das anschauliche Video von KMD Martina Pohl und Ulrike Großhennig bietet Schüler*innen die Möglichkeit, am Beispiel der Hildebrandt-Orgel in Sangerhausen in das Innere einer Orgel zu schauen, die Funktionsweise kennenzulernen, Fragen zu stellen und sich Detailwissen anzueignen. Das Video ist für schulische Zwecke genauso geeignet wie für Interessierte an diesem einzigartigen Instrument.

Materialien zum Download

Powerpoint-Präsentation:

Von der Taste zum Ton (Eine kleine Führung durch die Orgel), Autorin: Friederike Heckmann

Von der Taste zum Ton (PDF-Datei)

Arbeitsblätter:

Blanko-Arbeitsblätter zum Ausfüllen (für Grundschule und ab Sekundarstufe I) für Exkursionen zu regionalen Orgeln im Unterricht (Erstellung von Orgelsteckbriefen) finden Lehrer*innen auf dem Bildungsserver des Landes unter Regionalkultur.

Anna Heinze 2023

Der Beitrag entstand im Rahmen eines Seminars im Sommersemester 2023 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.