Komponist*innen

Baldamus, August Carl Eduard (1812–1893)

* 1812 in Giersleben, † 1893 in Coburg

August Carl Eduard Baldamus im Jahr 1856

Biografie

August Carl Eduard Baldamus wurde 1812 in Giersleben geboren. Durch seinen Vater Johann Gottfried Baldamus, der dort die Stelle des Lehrers und Kantors innehatte, kam er frühzeitig mit theologischen und musikalischen Inhalten in Kontakt, die auch später eine große Rolle in seinem Leben spielen sollten. Bevor Baldamus 1832 das Studium an der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin aufnahm, besuchte er die Gymnasien in Köthen und Aschersleben. Zu dieser Zeit gastierte der international berühmte Geiger Niccolò Paganini in Halle, Magdeburg, Halberstadt, Dessau und Bernburg. Baldamus, vom Temperament des Violinvirtuosen fasziniert, reiste gemeinsam mit einigen Schulfreunden dem „Teufelsgeiger“ nach. Sicher hätte Baldamus selbst gern das Geigenspiel erlernt, doch die Folgen eines Unfalls hinderten ihn daran.

In Berlin besuchte er neben dem Studium der evangelischen Theologie auch Vorlesungen des Komponisten, Musikwissenschaftlers und Musiktheoretikers Adolf Bernhard Marx sowie des Zoologen Martin Hinrich Carl Lichtenstein. Bekannt ist Baldamus heute hauptsächlich wegen seiner Verdienste um die Ornithologie (Vogelkunde). Er galt als treibende Kraft bei der Gründung der Deutschen Ornithologen Gesellschaft (DO-G) und als einer der ersten Naturwissenschaftler, die sich für den praktischen Vogelschutz einsetzten. Darüber hinaus ist er Autor einiger Fachbücher und wird als Koryphäe auf diesem Gebiet angesehen.

Ein weiterer wichtiger Vertreter des Fachgebietes und Freund von Baldamus war der Köthener Ornithologe Johann Friedrich Naumann. So kommt es, dass wir etwas über Baldamus’ Tätigkeit als Komponist aus Dokumenten erfahren, die aus den Archiven des Naumann-Museums in Köthen stammen. Nach Abschluss seines Studiums im Jahre 1836 arbeitete Baldamus hier zunächst als Lehrer am Gymnasium. Während er auf eine Anstellung als Pfarrer wartete, hielt er immer wieder Probepredigten in der Köthener St.-Jakobskirche und betätigte sich 1848/1849 auch auf lokalpolitischer Ebene als Mitglied des Gesamtlandtages Anhalt-Dessau-Köthen.

1849 erhielt er dann endlich eine Pfarrstelle in Diebzig bei Köthen, wechselte 1857 noch einmal in das nahegelegene Osternienburg und blieb dort bis zu seiner Emeritierung 1868. In den Jahren des Ruhestands zog er zunächst nach Halle, später dann nach Coburg und verstarb dort im Jahre 1893 im Alter von 81 Jahren.

Schloss Köthen im Jahr 2012, u. a. Sitz des Naumann-Museums

Musikhistorische Bedeutung

Aus Baldamus’ reger Anteilnahme am kulturellen, insbesondere am musikkulturellen Leben der Region, die sich mit Zeitungskritiken, Bekanntschaften mit Künstlern, Konzertbesuchen und nicht zuletzt einer Eigenkomposition belegen lässt, ist in erster Linie zu schließen, dass er eine musikalisch sehr interessierte, aber auch ambitionierte Persönlichkeit war.

So pflegte er beispielsweise überregionale, zum Teil sogar freundschaftliche Kontakte zu Wagners Ballettmeister Richard Fricke sowie zu seinem früheren Professor Adolf Bernhard Marx und zu einigen Personen, die 1876 an der Uraufführung von Wagners Ring des Nibelungen mitwirkten. Hier sind die Sopranistin Amalie Friedrich-Materna (als „Brünnhilde“) und der Konzertmeister des Bayreuther Festspielorchesters, August Wilhelmj, zu nennen. Richard Wagner selbst soll einmal eine kurze Zeit in Köthen gewesen und dort auch auf Baldamus getroffen sein.

In den bereits erwähnten Archiven des Naumann-Museums wurde 2013 auch die Partitur einer Kantate entdeckt, die aus Baldamus’ Feder stammt. Sie ist seine einzige uns bekannte Komposition und wurde 1840 anlässlich der „[…] Einweihung der renovirten Schloßkirche zu Biehndorf“ (Titelblatt der Notenschrift; Archiv Naumann-Museum) komponiert und 1842 dort uraufgeführt.

Abseits jeder Diskussion über Wert und Gehalt dieses Werkes erkennt man unschwer die Leidenschaft zur Musik und die ausgiebige Auseinandersetzung mit Werken von Komponisten wie Paganini und Johann Sebastian Bach, die Baldamus bekanntermaßen hoch verehrte. Die Besetzungsgröße, die der eines Sinfonieorchesters nahekommt, zeigt einerseits Baldamus’ Wunsch nach einer besonders feierlichen Wirkung seiner Komposition, andererseits jedoch auch, welch beachtliches Budget an finanziellen Mitteln und fähigen Musikern vorhanden gewesen sein muss. Die Kernaussage des Werkes, der Segenswunsch für das Gotteshaus, ist einer einfachen Choralmelodie unterlegt, was uns an Bach’sche Kantaten und Oratorien erinnert. „[…] Man staunt, welche Vorbilder ein Naturkundler verinnerlicht hatte und wie er dieses unbewusste und bewusste Anknüpfen an Traditionen mit eigenen Ideen verband.“ (Apitz/Heynen 2013)

Schloss Biendorf (Bernburg), für dessen Schlosskirche Baldamus seine einzige Komposition schuf

 Werke

  • Cantate zur Einweihung der renovirten Schloßkirche zu Biehndorf (1840), am 29. Mai 1842 aufgeführt
  • Staatsbürgerliches Wörterbuch für das Volk (1848)
  • Schützet die Vögel! (1868)
  • Vogel-Märchen (1876)
  • Das Leben der europäischen Kuckucke (1892)

Literatur

Manfred Apitz, Iris Heynen, „Ein Ornithologe als Komponist – Eduard Baldamus und die Musik“, in: Blätter aus dem Naumannmuseum 30, hrsg. von Bernhard Just und Iris Heynen, Köthen 2013.

Materialien zum Download

Arbeitsblatt (PDF):

Komponistenpersönlichkeiten in Sachsen-Anhalt (Schüler-Arbeitsblatt im Word-Format für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

Karl Just 2017
Der Beitrag entstand im Rahmen eines Seminars im Sommersemester 2017 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.