„Montalbâne“ (weißer Berg), die Trutzburg, die der mittelhochdeutsche Dichter Heinrich von Veldeke im 12. Jahrhundert in seinem „Eneas”-Roman beschrieb, wurde zum Namensgeber für “eines der innovativsten Festivals für mittelalterliche Musik in Europa”, so die Veranstalter auf ihrer Website (s. Link unten).
Das dreitägige internationale Musikfestival „montalbâne“ findet seit 1993 auf Schloss Neuenburg hoch über dem Städtchen Freyburg (Unstrut) – hier hat sich einstmals auch Veldeke aufgehalten – und in der Stadtkirche St. Marien in Freyburg statt. Erstmalig sollte im Jahr 2020 die Rotkäppchen Sektkellerei Veranstaltungsort für das Eröffnungskonzert sein. Leider konnte aufgrund der Corona-Pandemie nur eine “abgespeckte” Festival-Version im Herbst unter dem augenzwinkernden Motto “Coronate!” in der Freyburger Marienkirche stattfinden. Die künstlerische Festivalleitung hat stets Susanne Ansorg inne, Spezialistin für mittelalterliche Streichinstrumente und Musiktheorie des Mittelalters.
Eng mit dem Festival verbunden ist das auf Schloss Goseck im Burgenlandkreis beheimatete „montalbâne Ensemble“, hervorgegangen aus dem Leipziger Ensemble „loculatores“ und bestehend aus in Mitteldeutschland ansässigen Musikern mit internationalem Renommee, die sich auf mittelalterliche und traditionelle Musik spezialisiert haben. Drei der vier festen Ensemblemitglieder (Susanne Ansorg, Sebastian Pank, Robert Weinkauf und Dietrich Zöllner) leben selbst im Schloss, einer ehemaligen Benediktinerabtei mit romanischer Klosterkirche. Hier entstehen die jeweiligen Festivalprogramme und finden die Proben statt.

Schon durch die örtliche Ausrichtung wird die enge Verbundenheit von „montalbâne“ mit der landesweiten Straße der Romanik deutlich. Das mit dem „Romanikpreis 2014 in Gold“ ausgezeichnete Ensemble versteht sich nicht nur „als musikalisches Projekt in wechselnden Besetzungen“, sondern auch „als aktives Netzwerk innerhalb der Tourismusstrukturen des Landes Sachsen-Anhalt“ (s. http://www.montalbane.de/montalbane-ensemble.html, abgerufen am 10.12.2019). In diesem Sinne war das Ensemble offizieller musikalischer Botschafter des UNESCO-Welterbe-Antrages „Der Naumburger Dom und die hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut“, der allerdings erst mit der Beschränkung auf den Naumburger Dom allein erfolgreich war und 2018 zur Aufnahme des Doms in die UNESCO-Weltkulturerbeliste führte.

Grundlegend für die Interpretation mittelalterlicher Musik sind nicht nur exzellente Musiker, sondern auch Fachwissen und Forschergeist. „Häufig ist von den Stücken wenig überliefert, selten gibt es Text und Musik zusammen“, so Susanne Ansorg in einem Zeitungsinterview (vgl. Schafmeister 2018). Damit stecke auch viel Persönliches der Musiker in der jeweiligen Interpretation, um sowohl der Musik selbst als auch den Erwartungen des Publikums, das nicht selten auf der Suche nach „etwas Mystik und Spiritualismus“ sei, gerecht werden zu können. Ziel ist ein authentischeres Klangbild, als es bei vielen auf Perfektion ausgerichteten Aufführungen mittelalterlicher Musik geboten werde. Auch Open-Air-Veranstaltungen wie Mittelaltermärkte werden vom „montalbâne Ensemble“ gemieden, da es hier „mehr um die Bühnenshow, um die Lautstärke und um die Aufmerksamkeit der Massen“ gehe (ebd.).
Seit einigen Jahren gibt es beim „montalbâne Festival“ Gruppenführungen durch die nächtliche Neuenburg, verbunden mit mehreren „Mini-Konzerten“ von 15 Minuten Dauer in verschiedenen Räumen. Durch solche Wandelkonzerte versuchen die Veranstalter mit Erfolg, auch ein jüngeres Publikum anzusprechen.
Klangbeispiele
Ludibus devotis Bennonis („montalbâne Ensemble“ auf SoundCloud)
montalbâne Ensemble – Gregorianik in der Krypta Memleben
Freyburg, ich muss dich lassen („montalbâne“ 2017, Zugabe; mit Playlist auf Youtube)
CD-Einspielung:
Montalbane Ensemble – De Monasterio, Gregorianische Gesänge des Spätmittelalters aus dem Kloster St. Claren zu Weißenfels (jpc, mit Hörbeispielen)
Literatur
Christian Schafmeister, Porträt über das montalbâne Ensemble, Serie 25 Jahre Straße der Romanik, Mitteldeutsche Zeitung, 28. Juni 2018, https://romanik-strasse-erleben.de/montalbane/, letzter Zugriff am 10.12.2019
Link
SM 2019, letzte Aktualisierung März 2021