Musikleben

Philharmonisches Kammerorchester Wernigerode

Als Geburtsstunde des heutigen Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode gilt der 29. Oktober 1949, an dem die Stadt Wernigerode das Ensemble nach einer Leistungsüberprüfung mit dem Prädikat „Kulturorchester“ übernahm.

Das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode in der Altstadt, © Polyluchs Kreativagentur

 

Doch die Geschichte des Klangkörpers geht bis in die 1920er-Jahre zurück. Aus einer Vereinigung von Wernigeröder Stadtmusikern entstand im Jahr 1921 das Stadtorchester Wernigerode unter der Leitung von Gustav Damm. Mit der Leitungsübernahme durch den Dirigenten Ernst Ostermeyer nahm die künstlerische Qualität zu und das Ensemble erhielt den Namen „Wernigeröder Tonkünstler-Orchester“. Es wurde zu einem festen Bestandteil des Musiklebens der Stadt und des Landkreises und bot u. a. Abonnementskonzerte, Kammermusik- und Liederabende.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 und der Übernahme der Trägerschaft von Vereinen und Kultureinrichtungen durch NS-Organisationen trat das Orchester notgedrungen der Luftwaffe bei, um sein „Überleben“ zu sichern, und trat oft in Uniform auf. „Das Ensemble spielte zum Tanz (10-Mann-Kapelle zu Walpurgis auf dem Brocken), gab Konzerte in Schierke und Ilsenburg, spielte auf Schützenfesten und Beerdigungen für den Kriegerverein.“ (Volksstimme, s. u. Link) Ab 1946 eine Orchestergemeinschaft, fungierte das Ensemble ab 1948 kurze Zeit als Theaterorchester, bis das neugegründete Theater nach einem Jahr wieder geschlossen wurde.

In den Jahren nach 1949 waren es Dirigenten wie Ulrich Haverkamp, Karl-Ernst Sasse, Kurt Kuhn und Egon Reichel, die das Orchester künstlerisch prägten und zum kulturellen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg beitrugen. Unter Ulrich Schwinn, Chefdirigent von 1969 –1990, gewann das Ensemble auch überregional Beachtung. Auf Thomas Brezinka, der es nach der politischen Wende im Jahr 1990 übernahm, folgte im Jahr 1994 Christian Fitzner auf dem Posten des Geschäftsführers und künstlerischen Leiters. Ab1999 auch Musikdirektor, trieb er „die konzeptionelle Modernisierung und wirtschaftliche Neuorientierung in den kulturpolitisch schwierigen Nachwende-Jahren“ voran (https://konzerthaus-wernigerode.de/orchester/#historie) und lenkt inzwischen fast drei Jahrzehnte die Geschicke des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode.

Die im Jahr 1996 von Christian Fitzner ins Leben gerufenen Wernigeröder Schlossfestspiele, die jährlich im Sommer im Hof des Wernigeröder Schlosses stattfindenden, strahlen mit eigens für diesen Ort inszenierten Opernaufführungen und  Konzerten weit über die Grenzen der Region hinaus.

Innenhof des Wernigeröder Schlosses

 

Das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode ist Residenzorchester des neuen Konzerthauses Liebfrauen Wernigerode, das nach intensiven Umbauten am 3. März 2022 in der ehemaligen Liebfrauenkirche eröffnet wurde. Das Orchester hat damit erstmals in seiner Geschichte einen eigenen Proben- und Konzertsaal, dem eine hervorragende Akustik attestiert wird.

Repertoire

Mit seinem „charakteristische[n] Zusammenspiel von hochwertiger Klangkultur und experimentierfreudiger Offenheit“ (https://www.pkow.de/orchester/historie-profil/) umfasst das Repertoire des Philharmonische Kammerorchesters Wernigerode neben klassischer Orchester-, Chor- und Kammermusik auch Uraufführungen zeitgenössischer Musik, Oper, Operette, Filmmusik sowie verschiedene Crossover-Formate, die beispielsweise Soul, Jazz und Funk mit Klassik kombinieren. Bereichert werden die Programme durch Auftritte renommierter Solisten, Chöre und Kantoreien. Neben den Sinfonie- und Kammermusikreihen gibt es regelmäßig Feiertagskonzerte, Orgelkonzerte und Sonderkonzerte verschiedener Genres (Flyer der Spielzeit 2021/22 hier).

Durch die Gründung mehrerer kleiner Ensembles aus dem Orchester heraus konnte das Aufführungsspektrum in der Ära Fitzner erweitert werden. „Mit seinen Streich-, Salon- und Bläserensembles sorgt das PKOW somit dafür, dass zwischen klassischer und zeitgenössischer Musik, zwischen ernsten Klängen und unterhaltsamen Rhythmen so gut wie keine musikalischen Wünsche bei seinem Publikum unberücksichtigt bleiben.“ (https://www.pkow.de/kleingruppen-ensembles/)

Speziell auf Kinder und Jugendliche zugeschnittene Themenreihen im Rahmen des Projekts „Hergehört!“ (u. a. Schul- und Kindergartenkonzerte, Familienkonzerte, das jährliche Gemeinschaftskonzert mit der Kreismusikschule Harz sowie die Beteiligung am Jugendmusikfest Sachsen-Anhalt) wecken „durch den unmittelbaren Kontakt zwischen professionellen Künstlern und neugierigen Heranwachsenden die Neugier der jungen Menschen für die vielfältigen Zugänge zur Musik“ (https://www.pkow.de/konzerte/kinder-jugend/).

Klangbeispiele

Auf dem offiziellen YouTube-Kanal des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode sind mehrere Konzertmitschnitte als Stream zu finden.

Coming Home, gestreamt am 27.12.2021 im Fürstlichen Marstall Wernigerode, Jule Malischke – Gesang, Tina Tandler – Saxophon, Ashraf Sharif Khan – Sitar, Christoph Reuter – Piano, Thomas Rüdiger – Schlagzeug, MD Christian Fitzner – Musikalische, Leitung Philharmonisches Kammerorchester Wernigerode

Aufzeichnung der Eröffnung des Konzerthauses Liebfrauen am 3. März 2022

Links

Website des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode (PKOW)

Das Orchester auf der Website des Konzerthauses Liebfrauen

Reges musikalisches Leben bereits vor 250 Jahren, von Karl-Heinz Albrecht, Volksstimme vom 15.10.2009

SM 2022