Komponist*innen

Türk, Daniel Gottlob (1750–1813)

* 10. August 1750 in Claußnitz bei Chemnitz, † 26. August 1813 in Halle (Saale)

Daniel Gottlob Türk, ca. 1770

Biografie

Daniel Gottlob Türk wurde am 10. August 1750 als zweitältester Sohn des gräflich-schönburgischen “Musicus instrumentalis” Daniel Türk geboren. Von diesem erhielt er seinen ersten Musikunterricht – der Vater lehrte ihn das Spiel auf der Violine. Hinzu kam der Unterricht auf verschiedenen Blasinstrumenten durch Musikerkollegen des Vaters. In der Zeit zwischen 1764 und 1767 besuchte er die Dresdner Kreuzschule und war Mitglied des dort ansässigen Kreuzchores, der vom Kantor Gottfried August Homilius ausgebildet wurde. Als er zwischen 1772 und 1774 an der Universität Leipzig wissenschaftliche Fächer studierte (Genaueres unbekannt), trat er in Kontakt mit dem späteren Thomaskantor Johann Adam Hiller. Hier lernte er das bürgerliche Konzertwesen, ebenso die neuesten Singspiele kennen und spielte in Hillers Liebhaberkonzerten die erste Geige. Weiter unterrichtete Hiller Türk in Komposition. Zusätzlich erhielt er von Johann Wilhelm Häßler Klavierunterricht.

1774 wurde Türk durch eine Vermittlung Hillers an der St.-Ulrichs-Kirche in Halle (Saale) als Kantor angestellt, womit eine Lehrtätigkeit am lutherischen Gymnasium sowie die Leitung des dortigen Knabenchores verbunden war.  Ab 1779 hielt er als Universitätsmusikdirektor der königlich preußischen Friedrichs-Universität in Halle Vorlesungen über Musiktheorie und Satzkunst. Als Leiter des akademischen Collegium musicum führte Türk ab 1780 regelmäßig öffentliche Konzerte auf. Weiter war Türk 1783 und 1799 als Rezensent für die Allgemeine Deutsche Bibliothek und Allgemeine musikalische Zeitung aktiv. 1783 heiratete Türk Johanna Dorothea Rosina Schimmelpfennig, mit der er zwei Kinder bekam. Ab 1787 war er als Organist an der Marienkirche tätig, wodurch er vom zeitintensiven Schuldienst befreit wurde. Durch das damit verbundene Amt des Director musices übernahm Türk die Leitung der städtischen Kirchenmusik.

Die hallesche Universität musste 1806 unter napoleonischer Besatzung geschlossen werden. Im Zuge der Wiedereröffnung im Jahr 1808 wurde Türk von der Philosophischen Fakultät die Ehrendoktorwürde verliehen. Zugleich wurde er zum besoldeten Professor für Musik ernannt. Ab 1808 übernahm Türk zusätzlich die Direktion des Stadtsingechors.

Türk war ebenfalls als Musiktheoretiker und -pädagoge aktiv. Seine Clavierschule, oder Anweisung zum Clavierspielen für Lehrer und Lernende von 1789 war bis ins 19. Jahrhundert sehr populär. Neben klaviertechnischen enthält dieses Werk ebenfalls pädagogische Anweisungen. Er veröffentliche noch zahlreiche weitere Lehrwerke wie die Kurze Anweisung zum Generalbaßspielen 1791 oder die Anleitung zu Temperaturberechnungen 1806/1808.

Nach längeren gesundheitlichen Problemen starb Türk am 26. August 1813 in Halle (Saale).

Deckblatt von Türks Klavierschule

Musikhistorische Bedeutung

Kaum eine Musikerpersönlichkeit im 18. Jahrhundert hatte so viele Funktionen wie Daniel Gottlob Türk inne. Er begann als Kantor und Lehrer in der Stadt Halle, erarbeitete sich schnell einen guten Ruf und brachte Halles Musikleben zu einer großen Blüte. Seine späteren Tätigkeiten als Organisator der städtischen Kirchenmusik, Organist an der halleschen Hauptkirche, Professor für Musik an der Universität, Leiter des akademischen Collegium musicum sowie des Stadtsingechors, Verfasser musiktheoretischer und -pädagogischer Werke zeigen die Universalität seines Wirkens. Darüber hinaus war Daniel Gottlob Türk auch als Komponist vielseitig tätig. Gerade für die Stadt Halle (Saale) gilt er deshalb als wichtige Persönlichkeit, da er sich fast 40 Jahre lang für diese engagierte.

Türk fügte sich auch in die sich verändernden Gesellschaftsstrukturen ein. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfuhr das öffentliche Konzertwesen einen neuen Stellenwert im bürgerlichen Musikleben. Durch Türk, der sich mit seinem Collegium musicum für eine breite Musikvermittlung für das bürgerliche Publikum einsetzte, gehörte Halle zu den ersten Städten des mitteldeutschen Raumes, in denen sich Konzerte öffentlichen Charakters etablierten.

Zudem gilt Türk als Begründer der lokalen Händel-Pflege. Am 25.12.1803 führte er in Halle Händels Messias in der bearbeiteten Fassung durch Wolfgang Amadeus Mozart auf. Dieser Auftritt kann als Beginn der Händel-Tradition gelten.

Als Musiktheoretiker und -pädagoge war Türk nicht nur bis weit ins 19. Jahrhundert von Bedeutung. Auch heute werden wieder Werke Türks rezipiert, um zum Beispiel Verzierungstechniken seiner Zeit nachzuvollziehen, welche für historische Aufführungspraktiken relevant sind.

Brief von Daniel Gottlob Türk an seinen Verleger Gottlob Immanuel Breitkopf

Werke

Daniel Gottlob Türk komponierte Vokal- wie auch Instrumentalmusik.

Seine Vokalwerke umfassen geistliche und weltliche Kantaten, einzelne Psalmvertonungen, eine Liedersammlung für Singstimme und Klavier sowie Einzellieder (u. a. nach Texten von Goethe, Friedrich Georg Klopstock, Matthias Claudius) und zahlreiche Chorlieder. Türks Bühnenwerke gelten heute als verschollen.

Instrumentalmusik schrieb Türk für Klavier und Orgel. Gerade als Sonatenkomponist erfreute er sich großer Beliebtheit. Er gab mehrere Sammlungen von Klaviersonaten heraus, deren Absatz stets hoch war. Daneben veröffentlichte er Übungsstücke und Werke verschiedener Gattungen, wie z. B. Fugen.

Türks Musik ist insgesamt durch Leichtigkeit und Fasslichkeit gekennzeichnet und größtenteils dem galanten Stil verpflichtet. Seine meist dreisätzigen Klaviersonaten weisen eine kurzgliedrige Motivik, abwechslungsreiche Spielfiguren sowie zahlreiche Verzierungen auf. Die Kantaten stehen überwiegend in der Form einsätziger Verskantaten oder entsprechen dem älteren madrigalischen Typ.

Zu seinen theoretischen und pädagogischen Schriften gehören unter anderem die Abhandlung Von den wichtigsten Pflichten eines Organisten 1787, die Clavierschule, oder Anweisung zum Clavierspielen für Lehrer und Lernende 1789, die Kurze Anweisung zum Generalbaßspielen 1791 und eine Anleitung zu Temperaturberechnungen 1806/1808.

Klangbeispiele

CD: “Leichte Sonaten” Sammlung I und II, 1783 (Künstler: Michael Tsalka, mit Klangbeispielen)

Zwölf Handstücke für Clavier aus Türks Clavierschule oder Anweisung zum Clavierspielen für Lehrer und Lernende

Noten zum Download

Klavierschule oder Anweisung zum Klavierspielen für Lehrer und Lernende (Petrucci Music Library)

Kantate „Die Hirten bey der Krippe zu Bethlehem“ (Petrucci Music Library)

Sechs Sonaten fürs Clavier, Erste Sammlung (Petrucci Music Library)

Literatur

Kathrin Eberl-Ruf, Art. „Türk, Daniel Gottlob“, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 2006, online veröffentlicht 2016, https://www.mgg-online.com/mgg/stable/13069.

Kathrin Eberl, „Daniel Gottlob Türk – ein universeller Organisator des hallischen Musiklebens“, in: Musikkonzepte – Konzepte der Musikwissenschaft, Bericht über den internationalen Kongress der Gesellschaft für Musikforschung Halle (Saale) 1998, hrsg. von Kathrin Eberl/Wolfgang Ruf, Bd. 2, Kassel u. a. 2000, S. 99–106.

Klaus-Peter Koch, „Die Musikkultur Halle zwischen 1759 und 1922. Halle mit und ohne Händel“, in: Traditionen städtischer Musikgeschichte in Mittel- und Osteuropa (= Musik – Stadt, Bd. 1), hrsg. von Helmut Loos, Leipzig 2011, S. 189–200.

Kathrin Eberl-Ruf, Daniel Gottlob Türk – ein städtischer Musiker im ausgehenden 18. Jahrhundert, Beeskow 2011.

Links

„Heimatstube Claußnitz“, Museum im Geburtsort von Türk – u. a. mit Dauerausstellung zu Türk

Zwei erhaltene Briefe von Türk (Bereitstellung durch Stiftung Händel-Haus Halle)

Chronik des Stadtsingechores zu Halle auf der Website des Freundes- und Fördervereins des Stadtsingechores zu Halle e. V.

Materialien zum Download

Powerpoint-Präsentation:

Daniel Gottlob Türk (1750–1813) (mit vielen zusätzlichen Informationen)

Daniel Gottlob Türk (1750–1813) (PDF-Datei)

Arbeitsblatt (PDF):

Komponistenpersönlichkeiten in Sachsen-Anhalt (Schüler-Arbeitsblatt im Word-Format für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

Tobias Höhne 2018

Der Beitrag entstand im Rahmen eines Seminars im Sommersemester 2018 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.