Komponist*innen

Schröter, Leonhart (1532–1600/01)

* vermutlich 1532 in Torgau, † vermutlich 1600/1601 in Magdeburg

Biografie

Über Leonhart Schröters Kindheit und Jugend erhalten wir nur wenig Auskunft. Geboren wurde er vermutlich 1532 in Torgau. Wir erfahren, dass sein Vater Lorenz Schröter als Pfarrer oft versetzt wurde, so dass Leonhart Schröter schon in jungen Jahren viele verschiedene mitteldeutsche Orte kennenlernte. Seine Mutter und die vermutlich sechs Geschwister sind, bis auf seinen älteren Bruder Johann, nicht mit Namen bekannt.

Vermutlich wurde Schröter wie damals üblich mit sechs oder sieben Jahren eingeschult. So erlebte er noch kurz die Schule in Torgau. Im Mai 1539 zog die Familie nach Annaberg. Im Jahr 1543 erfolgte erneut ein Schulwechsel, als die Familie abermals umzog. Die Brüder Johann und Leonhart gingen so zunächst auf die Stadtschule in Meißen. Es ist anzunehmen, dass Schröter hier neben dem ausgiebigen Schulsingen einen ausführlichen musiktheoretischen Unterricht genoss. Das änderte sich mit dem Wechsel auf die Meißner Fürstenschule im ehemaligen Kloster St. Afra 1545. Die Ziele dieser Schule waren jedoch mehr darauf angelegt, den Knaben eine gelehrte Ausbildung zu ermöglichen. Daher blieb für die übrigen Fächer weniger Raum. So dürfte Schröter zwar weiter musiktheoretischen Unterricht erhalten haben, der musikpraktische Unterricht dagegen dürfte in dieser Zeit in den Hintergrund getreten sein. Als Luther im Februar 1546 verstarb, wurde der an der gnesiolutheranischen Lehre festhaltende Vater Schröters mitsamt seiner Familie des Landes verwiesen. (Wer die Gnesiolutheraner waren, kann man hier nachlesen.) Vermutlich zog die Familie dann nach Saalfeld (ernestinisches Gebiet). Offenbar erkrankte der Vater Schröters schwer und starb in dieser Zeit, so dass Leonhart Schröter vom Landesfürsten gefördert wurde (vgl. Hofmann 1934, S. 18–21).

In die Zeit um 1557 fällt wohl Schröters Bekanntschaft mit Gallus Dressler, der damals als 24-Jähriger an der Universität im nahe gelegenen Jena immatrikuliert war und dessen Nachfolger in Magdeburg er später werden sollte. Interessanterweise taucht der Name Schröters erst 1583 als Leonhardus Schröterus Torgensis in den Jenaer Matrikeln (1. Semester 1583, Nr. 63) auf. Demnach hätte Schröter noch im Alter von 51 Jahren (damals war er bereits in Magdeburg) ein Studium absolviert.

Leonhart Schröter, “Hymni Sacri” von 1587, Titelblatt Stimmbuch Diskant

 

Gesicherte Quellen zu Leonhart Schröter finden sich erst wieder ab dem Jahre 1561, in dem er als Kantor an der Stadtschule zu Saalfeld belegt ist. In diesem Jahr veröffentlichte er auch seine 55 geistlichen Lieder. Es ist unwahrscheinlich, dass Schröter mit so einem umfassenden Werk sein Amt antrat. Deshalb hat er dieses möglicherweise schon eher übernommen. In der Liste des Lehrerkollegiums ist er allerdings erst ab 1570/71 vermerkt. 1571 wurde das gesamte Saalfelder Schulkollegium wegen seiner philippistischen Gesinnung aus dem Lande gewiesen. (Wer die Philippisten waren, kann man hier nachlesen.) Als sich die politische Situation 1573 in Saalfeld erneut veränderte, kehrte das philippistische Schulkollegium allerdings zurück, so auch Schröter.

Magdeburg um 1572 (Frans Hogenberg)

 

Vermutlich im Jahr 1576 zog Schröter nach Magdeburg. Dort trat er unter dem Rektor Georg Rollenhagen sein Amt als Kantor in der Nachfolge von Gallus Dressler an der altstädtischen Lateinschule an. Sein erstes in Magdeburg erschienenes Werk ist das Te Deum Laudamus, datiert auf den 10. Mai 1576.

Musikhistorische Bedeutung

“Freut euch ihr lieben Christen” aus “Newe Weinacht Liedlein” von Leonhart Schröter, 1587

 

Leonhart Schröters Musik wird noch heute aufgeführt. Sein Name ist vielen Chorsängern flüchtig bekannt. Aber über seine Person war lange Zeit wenig zu erfahren.

Immerhin wird Schröter heute unter den mitteldeutschen Kantoren der ersten nachlutherischen Generation, d. h. im Zeitraum zwischen der Reformation und der um 1600 eintretenden Wende in der Musikanschauung, zu den profiliertesten gezählt. Er gilt als theologisch geschulter und humanistisch gebildeter Musiker. Der Hauptakzent seines kompositorischen Schaffens lag auf der Kirchenliedbearbeitung in ihren drei Hauptformen, dem Kernweisensatz (mit Tenor-Cantus-firmus), der durchimitierten Choralmotette und dem ein- oder mehrchörigen Kantionallied (mit Tenor- oder Oberstimmen-Cantus-firmus).

Die Kompositionen Schröters und seiner Zeitgenossen sind heute beliebt bei KirchenchorleiterInnen, denn sie sind wohlklingend und gut einzustudieren. Noch dazu finden sich viele Gesänge, die zu bestimmten Ereignissen im Kirchenjahr sehr gut passen, das macht die Stücke noch heute gottesdiensttauglich.

Werke

Leonhart Schröter, Newe Weinacht Liedlein, Titelblatt Stimmbuch Diskant

 

Leonhart Schröter hat vorwiegend geistliche Werke hinterlassen, darunter lateinische Motetten, deutsche Psalmvertonungen und zahlreiche Vertonungen protestantischer Kirchenlieder, so z. B. das fünfstimmige Freut Euch, ihr lieben Christen (siehe unten Noten- und Klangbeispiel) aus der 1586/87 in Helmstedt gedruckten Sammlung von vier- bis achtstimmigen Sätzen Newe Weinacht Liedlein. Aus dieser Sammlung sind auch die Sätze zu In dulci jubiloEin Kind geborn zu BethlehemAllein Gott in der Höh sowie Lobt Gott, ihr Christen allzu gleich durch ihre Veröffentlichung in verschiedenen Chorbüchern, z. B. dem beliebten sogenannten „Grote“ (Geistliches Chorlied, Band 2), bekannt. Vor allem die Weihnachtslieder Schröters gehören zum festen Repertoire in der heutigen evangelischen Kantoreipraxis.

Weitere Werke Schröters sind u. a.:

  • 55 geistliche Lieder für vier Stimmen, Wittenberg 1562
  • Cantiones suavissimae quatuor voces., 2 Bände, Erfurt 1576/1580
  • Te Deum laudamus für zwei vierstimmige Chöre, Magdeburg 1576
  • Te Deum laudamus für acht Stimmen, Magdeburg 1584
  • Hymni sacri für sechs Stimmen, Erfurt 1587
  • Wo der Herr nicht das Haus bauet, der 127. Psalm zu acht Stimmen für zwei Chöre

Neben den musikalischen Werken ist auch ein lateinisches Untererichtswerk überliefert, das Schröter zugeschrieben wird: Opus Epithetorum, Phrasium et synonimorum ex Virgilio … Servestae, Ex Officina Bonaventurae Fabri Impensis Ambrosii Kirchneri 1593 (mit Widmung an Räte und Bischöfe der Stadt)

Klangbeispiele

Freut Euch, ihr lieben Christen, zwei unterschiedliche Interpretationen der 1. Strophe: Opus Vocale und Stuttgart Collegium Iuvenum

Freut euch, ihr lieben Christen, Strophen 1 und 2, Bachchor Köthen und Köthener Schlossconsortium (Streicher), Leitung: KMD Martina Apitz

CD: Hille Perl – Verleih uns Frieden gnädiglich, Mitwirkende: Anna Maria Friman (Gesang), Hille Perl (Viola da gamba), Lee Santana (Laute), Sirius Viols; enthält Allein Gott in der Höh sei Ehr von Leonhart Schröter

Noten zum Download

Freut Euch, ihr lieben Christen (Petrucci Music Library)

Literatur

Gertrud Hofmann, Leonhart Schröter. Ein lutherischer Kantor zu Magdeburg (15321601), (Diss.), Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg i. Br., Druck Altdorf 1934, S. IVX, S. 343.

Judith Rossbach, „Leonhart Schröter“, in: Komponistenverzeichnis des Stifts-Chores Bonn, 2017, http://gemeinden.erzbistum-koeln.de/stifts-chor-bonn/service/komponisten/Schroeter.html, Stand: 21.07.2018, 14:32 Uhr.

Thomas Synofzig/Martin Geck, Art.” Schröter, Leonhart”, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 2006, online veröffentlicht 2016, https://www.mgg-online.com/mgg/stable/17350.

Links

Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

Newe Weinacht Liedlein mit vier Vnd Acht Stimmen Componiret (digitale Stimmbücher in der Bayerischen Staatsbibliothek)

Anregungen für den Unterricht

Einige Sätze Leonhart Schröters sind für Schulchöre gut geeignet, v. a. aus den kurz vorgestellten bekannten „Newe Weinacht Liedlein“.

Leonhart Schröter kann auch eingebunden werden in eine Unterrichtseinheit zu Musikerberufen. Passend dazu gibt es ein Arbeitsblatt.

Ein Ausflug in die berühmte Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel könnte z. B. im Rahmen eines dort angebotenen Schülerseminars oder einer Führung und Ausstellungsbesuch erfolgen. Die Bibliothek hält viele Angebote für SchülerInnen bereit.

Materialien zum Download

Arbeitsblätter (PDF):

Musikerberufe – Der Kantor/Die Kantorin (inkl. Interview mit Barry Jordan, der von 1994 bis 2023 Domkantor und -organist in Magdeburg war; Schüler-Arbeitsblatt im Word-Format für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

Komponistenpersönlichkeiten in Sachsen-Anhalt (Schüler-Arbeitsblatt im Word-Format für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

Johanna Soergel 2018, letzte Aktualisierung Dezember 2023

Der Beitrag entstand im Rahmen eines Seminars im Sommersemester 2018 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.