Komponist*innen

Roemhildt, Johann Theodor (1684–1756)

* 23. September 1684 in Salzungen, † 26. Oktober 1756 in Merseburg

Biografie

Johann Theodor Roemhildt (auch Roehmhild oder Roemhild) wurde am 23. September 1684 im thüringischen Salzungen geboren. Seinen ersten Musikunterricht erhielt er wahrscheinlich bei seinem Vater, später bei Johann Jacob Bach in Ruhla. Mit 13 Jahren kam er an die Thomasschule in Leipzig, die er u. a. zusammen mit Reinhard Keiser, Johann David Heinichen, Johann Christoph Graupner und Johann Friedrich Fasch besuchte. Ab 1705 studierte Roemhildt an der Universität Leipzig und trat nach sechs Semestern 1708 seine erste Stelle als Kantor (Mutschelknauss 2005) in Spremberg/Niederlausitz an. 1714 wurde er außerdem Rektor der dortigen Schule und Kapelldirektor des Herzogs Heinrich von Sachsen-Merseburg-Spremberg. Von 1715 bis 1726 ging Johann Theodor Roemhildt als Musikdirektor nach Freystadt/Niederschlesien und unterrichtete dort auch als Lehrer am Lyzeum. Auf Wunsch von Herzog Heinrich kehrte er 1726 nach Spremberg zurück. Durch den Tod des Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Merseburg im Jahre 1731 wurde Herzog Heinrich dessen Nachfolger. Dieser nahm Roemhildt mit an den Merseburger Hof und ernannte ihn zum Hofkapellmeister (nach der Abschaffung des Amtes 1738 Titular-Hofkapellmeister). Seit 1735 hatte er auch noch das Amt des Domorganisten inne. Am 26. Oktober 1756 starb Johann Theodor Roemhildt schließlich in Merseburg.

Im Kirchenbuch der Stadt Merseburg von 1756 findet sich folgender Eintrag:

“Den 26. Oktober nachm. Halb 6 Uhr ist Herr Johann Theodor Roemhildt, Vormaliger Hochfuerstl. Saechs. Merseburger Wohl bestallt gewesener Capell Meister, wie auch bey der Hohen Stiffts und Dom Kirche allhier gewesener Organist an einem Schlag Fluß im 73. Jahre seines Lebens sanft und selig Verstorben und auf dem Stadt Gottes Acker begraben worden.”

Merseburg um 1700 – Kolorierter Kupferstich von Peter Schenk (1660–1718/19)

Musikhistorische Bedeutung

Johann Theodor Roemhildt komponierte – auch unter dem Anagramm Mi(e)lorth – vor allem Vokalmusik, darunter über 200 Kantaten, deren Texte auf einem „gängigen Mischtypus aus biblischem Wort […], Kirchenlied und neueren religiösen Dichtungen“ basieren (Mutschelknauss 2005). Seine Kantaten gelten als „reich in der melodischen Erfindung und harmonischen Progression“ (ebd.) in Arien, Rezitativen und Chorälen.

Roemhildts Zeit in Merseburg gilt als seine produktivste. Etwa 200 Vokalwerke und die Orgelstücke sollen hier entstanden sein, wie schon im Jahr 1919 Karl Paulke, der Begründer der Roemhildt-Forschung, vermutete.

Roemhildts Werke waren zu seinen Lebzeiten und kurz danach wahrscheinlich verbreiteter als die von seinem Zeitgenossen Johann Sebastian Bach. Mehr als hundert Kantaten wurden in Danzig aufgeführt. Auch im Raum Mücheln bei Merseburg und Mügeln bei Leipzig, wo in Pfarrarchiven zahlreiche Manuskripte aufbewahrt wurden, muss es eine solche Aufführungstradition gegeben haben, wie Einträge in den Original-Handschriften belegen. Diese Verbreitung hat sich leider nicht erhalten können, so dass Johann Theodor Roemhildt heute als weitestgehend unbekannt gilt.

Kantate “Lob und Ehre, Weisheit und Dank”, RoemV 224, Titelseite

 

Ein Zentrum der neueren Roemhildt-Forschung etablierte sich in Bochum. Im 2. Weltkrieg in Danzig zerstört geglaubte Handschriften Roemhildts wurden Ende der 90er-Jahre als Kopien der Originalbestände an die Musikwissenschaftler der Bochumer Universität als Dauerleihgabe übergeben. Leihgeber war Dr. Klaus Langrock aus Bochum, Sohn eines Kantors aus dem Raum Merseburg, welcher in den 1930er-Jahren zusammen mit dem Musikwissenschaftler Otto Dörfer eine Edition der Werke Roemhildts vorbereitete und zu diesem Zweck die Danziger Bestände fotografierte. Als „Initiator der Roemhildt-Renaissance“ gilt der Bochumer Musikwissenschaftler Prof. Christian Ahrens. Die musikwissenschaftlichen Bestände der Ruhr-Universität Bochum wurden nach der Schließung des dortigen Musikwissenschaftlichen Instituts von der Bibliothek der Folkwang-Universität der Künste in Essen übernommen.

Im Manuskript einer Radiosendung des Journalisten Hanno Ehrler aus dem Jahr 1998 (Interview mit Christian Ahrens) heißt es in Bezug auf Roemhildts Musik: „Theodor Römhildts Kantaten sind weniger komplex als diejenigen von Bach und schlichter in der Melodiegebung. Römhildts Musik ist leichter, eingängiger und hat daher eine Affinität zum empfindsamen und galanten Stil, der seit den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts in vielen verschiedenen Ausprägungen neben der hochbarocken Schreibweise Bachs existierte […]. Johann Theodor Römhildts Werke sind ein weiteres Zeugnis für die Vielfältigkeit der Musik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.“ (http://www.hanno-ehrler.de/downloads/s-roemhildt_hr.pdf, zuletzt abgerufen am 28.08.2017)

Die Spremberger Musikschule hat Roemhildt zu Ehren im Jahr 2009 ihren Namen in Musik- und Kunstschule „Johann Theodor Römhild“ des Landkreises Spree-Neiße (Brandenburg) umbenannt. Damit wurde die dortige regionale Musikgeschichte aufgegriffen. Da die Musikschule im Spremberger Schloss heute an Roemhildts ehemaliger Wirkungsstätte wiederum musisch begabte Kinder fördert, gibt es darüber hinaus noch einen authentischen Bezug.

Werke

Von Roemhildts Werken sind mehr als 200 Kantaten, vier Messen, ein Kyrie und die Matthäus-Passion in verschiedenen Archiven überliefert. Eine Motette, ein Kyrie und fünf Kantaten befinden sich in Privatbesitz. Im Bereich der Instrumentalmusik konnten bisher 22 Orgelstücke, eine Partita für Cembalo obl., Violine und Violoncello sowie Klaviermusik nachgewiesen werden.

Klangbeispiel

Johann Theodor Roemhildt: Ach Gott, wie manches Herzeleid (RoemV 68)

Noten zum Download

Noten in der Petrucci Music Library

Literatur

Sven Dierke, „Neues zu Theodor Roemildt“, in: Bach und Schubert: Beiträge zur Musikforschung. Jahrbuch der Bachwochen Dill 1999.

Eduard Mutschelknauss, Art. „Johann Theodor Roemhildt“, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2., neubearb. Ausgabe, hrsg. von Ludwig Finscher, Personenteil, Bd. 14, Kassel u. a. 2005, Sp. 259.

Karl Paulke, “Johann Theodorich Roemhildt”, in: Archiv für Musikwissenschaft I, 1919, S. 372401.

Danuta Popinigis, Klaus-Peter Koch, Musikalische Beziehungen zwischen Mitteldeutschland und Danzig im 18. Jahrhundert, Sinzig 2002.

Link

Musik- und Kunstschule „Johann Theodor Römhild“ des Landkreises Spree-Neiße

Anregungen für den Unterricht

Nachforschungen zu Spuren Johann Theodor Roemhildts in Merseburg, wo er 25 Jahre lang lebte und arbeitete.

Materialien zum Download

Arbeitsblatt (PDF):

Komponistenpersönlichkeiten in Sachsen-Anhalt (Schüler-Arbeitsblatt im Word-Format für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

Carolin Schwartze 2017, letzte Aktualisierung März 2019

Der Beitrag entstand im Rahmen eines Seminars im Sommersemester 2017 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.