Komponist*innen

Marggraf, Jens (* 1964)

* 12. März 1964 in Meiningen

Biografie

Jens Marggraf, der 1964 in Meiningen geboren wurde, entstammt einer musikalischen Familie: seine Mutter war Sängerin, sein Vater Musikwissenschaftler. Dem Klavierspiel, das er von seinem 5. Lebensjahr an erlernte, widmete er sich zunächst zwar mit wechselnder Intensität, immerhin jedoch kontinuierlich, so dass er 1985 ein Studium an der Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig mit den Hauptfächern Komposition und Klavier aufnehmen konnte.

1991 erhielt Marggraf zunächst eine Anstellung an der Spezialschule für Musik in Halle (Saale), bevor er ein Jahr später als Mitarbeiter an das Institut für Musikpädagogik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wechselte, wo er verschiedene musiktheoretische Fächer, aber auch Korrepetition unterrichtete. 1997 wurde er nach Dresden als Professor für Tonsatz und Gehörbildung an die Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ berufen, kehrte jedoch 1999 nach Halle zurück, wo er seitdem eine Professor für Musiktheorie innehat.

Neben der Arbeit als Hochschullehrer entstand ein kompositorisches Werk, das inzwischen über 50 Stücke umfasst und neben zahlreichen Städten in Deutschland auch in einigen anderen europäischen Ländern (Schweden, Finnland, Norwegen) sowie in den USA aufgeführt wurde.

Jens Marggraf ist jedoch auch als Interpret älterer und neuerer Musik tätig. Zum einen ist er Pianist im Kammerensemble „Talea“, das sich vor allem der zeitgenössischen Musik widmet. Zum anderen war er fast 20 Jahre lang Mitglied des Doppelquartetts „Collegium canticorum“, dessen umfangreiches Repertoire Musik des 13.–20. Jahrhunderts umfasst. Aus umfassender eigener Erfahrung heraus ist er daher mit den Spezifika des A-cappella-Gesangs eng vertraut, was sich in seinen Kompositionen für Chor widerspiegelt.

Außerdem schrieb Marggraf musiktheoretische Aufsätze über Musik des 16.–20. Jahrhunderts, u. a. über Claudio Monteverdi, Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Nepomuk David.

Jens Marggraf erhielt 1991 den Kompositionspreis der Karl-Engels-Stiftung Köln, 1996 den Kompositionspreis der Altenburg-Gera Theater GmbH sowie 2001 den 2. Preis im Kompositionswettbewerb des Deutschen Musikrats.

Musik / Werke

Erste Kompositionen waren seit etwa 1978 entstanden. Während sich die allerersten Stücke noch stark an traditionellen Vorbildern orientierten, hatte sich Marggrafs Stilistik bis zum Beginn des Studiums den aktuellen musikalischen Entwicklungen angenähert. Inhalt des Kompositionsstudiums, das er bei Peter Herrmann und Siegfried Thiele absolvierte, war vor allem die Erziehung zu struktureller Klarheit und stringenten musikalischen Zusammenhängen und Entwicklungen.

Über seinen Zyklus für Kinderchor Draculand nach Gedichten aus „allerleirausch“ von H. C. Artmann, der im Rahmen des Projektes „Komponisten schreiben für unsere Kinder- und Jugendchöre“ des Arbeitskreises Musik in der Jugend entstand,schrieb der Komponist selbst: „Wichtig war es, einen Ausgleich zu finden zwischen unkonventionellen Techniken und ganz normalem Chorgesang. Dabei zeigte sich bei der Einstudierung, worin die größte Schwierigkeit bestand: die genau festgelegten Klänge mit guter Intonation zu singen. Die weitaus spektakuläreren Effekte anderer Stücke erwiesen sich als leichter ausführbar. Ein Anliegen bei der Komposition von ‚Draculand‘ war es, natürlich auch den Hörern, aber vor allem den Ausführenden die lustvolle Begegnung mit möglichst vielen Techniken der Neuen Musik zu ermöglichen.“ (Marggraf 2011, S. 10, in: Komponisten aus Sachsen-Anhalt Vol. 3, s. u. Literatur)
In diesem Sinne erlebte der Komponist die Einstudierung des Werkes mit einem Hamburger Schulchor als „wirklich gemeinsames Projekt“ und „beglückende Erfahrung“ (ebd.).

Marggraf arbeitet beispielsweise in Draculand mit „aleatorisch strukturierten Klangflächen und verschiedenen Abstufungen zwischen Flüstern, Sprechen und Singen“ (1. Satz), „komplexer Polymetrik“ (2. Satz) und „Zerlegung der Sprache in einzelne Phoneme“ (5. Satz), wie sie sich u. a. bei Luciano Berio, György Ligeti oder Dieter Schnebel findet.

Jens Marggraf schrieb eine Reihe von Orchesterwerken, mehrere Werke für Chor und Kompositionen für verschiedene kammermusikalische Besetzungen. Neben Draculand komponierte er einige weitere Stücke für Kinder oder Jugendliche, wie den Zyklus Kon… – Sechs Stücke für …trabassduo, Avis akvasas ka für drei Kinderchöre und drei Instrumente oder Aitake, geschrieben für das Landesakkordeonensemble Sachsen-Anhalt.

Werkauswahl

Werke für Orchester
Metamorphosen über ein Thema von Henry Purcell für Orchester
Klavierkonzert
Patchwork für Streicher und Schlagzeug
Horror vacui. Sinfonietta für Orchester
KanonX für großes Orchester

Klangbeispiele

Aitake für Akkordeonensemble, Auftragskomposition für das Landes-Akkordeon-Ensemble Sachsen-Anhalt, Leitung: Lutz Stark

 

Draculand, Zyklus für Kinderchor nach Gedichten aus „allerleirausch“ von H. C. Artmann, Mädchenchor am Essener Dom, Leitung: Raimund Wippermann, zu finden auf der CD Komponisten aus Sachsen-Anhalt Vol. 3, hrsg. vom Musikalischen Kompetenzzentrum Sachsen-Anhalt 2011

1. Satz: macht auf das Tor!

3. Satz: ich bin die liebe mumie

5. Satz: es tanzt ein mi ma monsterchen

Literatur

Musikalisches Kompetenzzentrum Sachsen-Anhalt / Musikinformationszentrum Zeitgenössische Musik / Kerstin Hansen (Hrsg.), Komponisten aus Sachsen-Anhalt Vol. 3, München 2011 (= Gedanken zur Musik. Eine Schriftenreihe zum Musikleben in Sachsen-Anhalt, Heft 6), S. 6–15.

Link

Prof. Jens Marggraf auf der Website der MLU

Materialien für den Unterricht

Das Musikinformationszentrum Zeitgenössische Musik im Musikalischen Kompetenzzentrum Sachsen-Anhalt  hat im Jahr 2011 die dritte von vier CDs mit Einspielungen der Musik zeitgenössischer Komponist*innen aus Sachsen-Anhalt herausgebracht. Ein ausführliches Begleitheft für den Unterricht beschäftigt sich u. a. mit Jens Marggraf und bietet neben biografischen Informationen und einem Werkverzeichnis eine detaillierte Analyse von dessen Zyklus für Kinderchor Draculand inkl. Notenbeispielen und Handreichungen für den Unterricht von Marggraf selbst, in denen er auch auf die Entstehungsgeschichte des Stückes eingeht. Auf einer zweiten CD werden die eingespielten Werke den Analyseschritten entsprechend in einzelne Tracks unterteilt. Alle CDs und Begleithefte werden Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt (nähere Informationen hier).

Materialien zum Download

Powerpoint-Präsentationen

„Aitake“ von Jens Marggraf, Autor: Luca Behrendt

„Aitake“ von Jens Marggraf (PDF-Datei)

„Draculand. Zyklus für Kinderchor.“ Ein Werk von Jens Marggraf, Autor: Tobias Schiffner

„Draculand. Zyklus für Kinderchor.“ Ein Werk von Jens Marggraf (PDF-Datei)

SM/Kerstin Hansen 2019, letzte Aktualisierung September 2021