* 5. Mai 1927 in Halle, † 02. Juli 2008 ebenda
Biografie
Siegfried Bimberg wurde 1927 in Halle geboren. Nach der Rückkehr aus Krieg und Gefangenschaft begann er 1946 eine pädagogische Ausbildung und wurde anschließend als Lehrer für alle Fächer an einer einklassigen Landschule in Zweimen in der Nähe von Merseburg eingesetzt.
Ein Universitätsstudium in Psychologie, Musikpädagogik und Musikwissenschaft, das er 1953 mit der Promotion abschloss, führte ihn zurück nach Halle. Von 1953 bis 1958 arbeitete Bimberg als Verlagslektor in Leipzig. Er habilitierte sich 1956 mit der Schrift Über das Singen der Großterz aufwärts und noch einmal 1981 (Kontrast als musikpädagogische Kategorie). Ab 1957 war Bimberg Universitätsdozent an der Humboldt-Universität in Berlin und kehrte 1962 in derselben Position an die hallesche Universität zurück, bis er 1964 eine Professur übernahm. Von 1969 bis zur Emeritierung 1992 hatte Bimberg den Lehrstuhl für Musikpädagogik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg inne und war zuständig für die Lehrerausbildung sowie die Fächer Musikpsychologie und Musikästhetik..
1963 erfolgte die Gründung des Kammerchores Hallenser Madrigalisten, den Bimberg bis 1980 dirigierte. Das Repertoire des Chores, der immer noch besteht und seit 2010 von Thomas Löbner geleitet wird, umfasst alte und neue Chormusik.
Zahlreiche Konzerte im In- und Ausland, Schallplatten- bzw. CD-Aufnahmen, Rundfunk- und TV-Produktionen sowie die Veranstaltung von Workshops, Ateliers und Lehrgängen für Chorleiter zeugen vom breiten Wirkungsspektrum Bimbergs.
Musik
Siegfried Bimberg ist bekannt durch zahlreiche Jugend- und Kinderlieder, Chorsätze, anspruchsvolle Chorwerke und Kinderopern. Staatliche und andere Auszeichnungen erhielt er als Komponist, Dirigent und Musikwissenschaftler und war Mitglied der Freien Deutschen Akademie der Wissenschaften und der Künste in Bonn.
Sein wissenschaftliches Werk war nicht weniger umfangreich: Für die Ausbildung des Musikhörens begründete Bimberg ab 1951 ein eigenes Gehörbildungssystem, das auf relativ-funktionaler Basis in enger Verbindung mit absoluter Notation verschiedene Solmisationsformen wie JALE-Silben und Tonika-do-Handzeichen verwendet. Experimentell-psychologische Arbeiten verfasste er zur Tonalitätsforschung, zum Beispiel zur Gleichwertigkeit von Dur und Moll in der Musik-Wahrnehmung (Gesetz der „Relativen Konstanz“) oder zur unterschiedlichen akustischen Stimmung beim Singen von Intervallen „je nach der musikalischen Einbettung in einstimmig-modale oder mehrstimmig-homophone Gesänge“ (Gesetz von der „Variablen Reagenz“, Sander 2007, S. 69). Im Bereich von Musikästhetik und Musikpädagogik erarbeitete Bimberg Grundlagen zur Musikrezeption, die als „Dialogische Musikaneignung“ bekannt geworden sind.
Werke/Auswahl
Kompositorische Werke
Morgen kann die Welt schon brennen, Chorzyklus für gemischten Chor a cappella, Sprecher und Sprecherchor, Worte: Heinz Hall, Rainer Kirsch und Gabriele Sander, Leipzig 1959
Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration, Chorpoem für gemischten Chor a cappella und Soli, Worte: Bertolt Brecht, UA 1959
Wir feiern das Fest des Tannenbaums, Liederspiel für Kinderstimmen mit Klavierbegleitung, Worte: Rainer und Sarah Kirsch, Leipzig 1960
Das singende Pferdchen, Oper für Kinder, zusammen mit Rolf Lukowsky, Libretto: Edith Bergner, UA 1963
Kantate vom Apfelbaum, für Solo, Sprecher, gemischten Chor und Frauen- oder Kinderchor a cappella, Worte: Rainer und Sarah Kirsch, Leipzig 1966
Daß im Herd die Glut uns kein Wind vertreibt, Zyklus für Sprecher und gemischten Chor, Worte: Hildegard Maria Rauchfuß, Leipzig 1972
Wir entdecken unser Land, Kantate für Kindersolostimmen, Kinderchor und Klavier, Worte: Hanna Helling , Leipzig 1974
Rügen-Suite, zusammen mit Rolf Lukowsky und Jürgen Schulz, alte und neue Lieder und Tänze von der Ostseeküste, Volksliedtexte und Worte von Kuba, Gabriele Sander und Jürgen Schulz, Rostock 1978
Bilderbuchseiten, Zyklus für Chor und Klavier, Worte: S. J. Marschak, Berlin 1979
Eulenspieges Brautfahrt, Oper für Kinder, Libretto: Ulrich Beyer, UA Halle 1986
Die Rosen schlafen nicht, Zyklus für gemischten Chor a cappella, Worte: Eva Strittmatter, Berlin 1988
De amicitia, Motette für gemischten Chor a cappella, Textfassung nach lateinischen Sprüchen: Christel Neumann, UA 1989
Ohne Natur vergeht unser Leben, Kantate für Solisten, Chor, Sprecher und Instrumente, Worte: Hanna Helling, Hrsg.: Landesheimatbund Sachsen-Anhalt, Halle o. J.
Ruhrpottgedichte, zusammen mit Rolf Lukowsky, Zyklus für gemischten Chor, Sprecheer und Orchester nach Texten von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Bergkamen, UA 1997
Mit Degen und Fagott, Vokalsuite für Sänger und Klavier, Worte: Ruth Dähn und Raimund Hoge, UA 1998
Vom Wind getragen, Zyklus für gleichstimmigen Chor, Worte: Dieter Mucke, UA 1990
Sonne, Mond und Sterne, Suite für gleichstimmigen Chor, Sprecher und Klavier, Texte zu Figuren des Göbelbrunnens am Hallmarkt, UA 2001
Pretzscher Spektakel, Suite für Sänger, Sprecher und Klavier, UA 2001
Verba nulla pretio emuntur, Zyklus für gleichstimmigen Chor a cappella, Textfassung nach lateinischen Sprüchen: Christel Neumann, UA 2002
Vier Sprüche, das Glück festzuhalten, für gleichstimmigen Chor a cappella, Textfassung nach lateinischen Sprüchen: Christel Neumann, UA 2003
Zwischen Nil und Ninive, Vokalsuite mit Klavier und Sprecher, Worte: Ruth Dähn, Raimund Hoge und Gabriele Sander, UA Halle 2003
Literarische Werke
Einführung in die Musikpsychologie, Wolfenbüttel 1957
Vom Singen zum Musikverstehen (zusammen mit Fritz Bachmann und Christian Lange), Leipzig 1957
Methodisch-didaktische Grundlagen der Musikerziehung, Leipzig 1968, 1973
Handbuch der Musikästhetik(Herausgabe und Autor), Leipzig 1979
Kontrast als musikästhetische Kategorie, Berlin 1981
Handbuch der Chorleitung(Herausgabe und Autor), Leipzig 1981
Lieder lernen, Lieder singen, Leipzig 1978/1981
Ferruccio Busoni: Von der Macht der Töne(Herausgabe), Leipzig 1983
Musik – Erleben – Lernen. Pädagogische und ästhetische Grundlagen einer dialogischen Musikaneignung, Kassel 1995
Nachhall – 44 Jahre Schulmusik nach Marx und Lenin – Reflexionen zur Musikpädagogik in der DDR, Band I und II, Essen 1996
Musikwissenschaft und Musikpädagogik – Perspektiven für das 21. Jahrhundert (zusammen mit Guido Bimberg), Essen 1997
Lieder von Wende zu Wende – Das deutsche Gemeinschaftslied im 20. Jahrhundert, Essen 1998
Zudem schrieb Siegfied Bimberg zahlreiche Lieder und Chorsätze, die sich in verschiedenen Liederbüchern, Schulbüchern und auf Liedblättern finden.
(nach Sander 2007, S. 182–186)
Klangbeispiel
Der Tag ist schon versunken, Musik: Siegfried Bimberg, Text: Rainer Kirsch, kammerchor cantamus halle, Leitung: Dorothea Köhler, CD „Halle, alte Musenstadt“
Literatur
Siegmund Helms, Reinhard Schneider, Rudolf Weber, Neues Lexikon der Musikpädagogik. Personenteil, Kassel 1994, S. 25 f.
Gabriele Sander, Siegfried Bimberg erinnert sich, Essen 2007.
Links
Siegfried Bimberg auf der Website Deutsches Lied
Siegfried Bimberg. Weil Sonntag sein Geburtstag ist (Zeitungsartikel zum 75. Geburtstag von Siegfried Bimberg)
SM/Kerstin Hansen 2019