Instrumente

Magdeburger Dom – Paradiesorgel (Chororgel)

Die Chororgel im Magdeburger Dom

Orgelbauer

Orgelbaufirma Alexander Schuke Potsdam, hauptverantwortlich Hans-Joachim Schuke, Intonateure: Alexander Zwirner, Tilo Catenhusen

Orgelgeschichte

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Magdeburger Dom von sieben Bomben getroffen, dabei wurde auch die große Röver-Orgel auf der Westempore zerstört. Bis 1955 wurden die größten Schäden am und im Dom behoben, eine Orgel konnte aber erst 1959 eingebaut werden. Diese Orgel wurde aus der Magdeburger Heilig-Geist-Kirche, der Taufkirche Telemanns und Arbeitsstätte Palmes, in den Dom umgesetzt, da die Kirche im Zuge der sozialistischen Stadterneuerung abgerissen wurde. Allerdings konnte diese Orgel der Firma Schuster nur eine Notlösung sein, da sie mit 27 Registern den Dom klanglich nicht füllen konnte. So wurde nach einer Lösung für einen Orgelneubau gesucht. Dies gestaltete sich schwierig, da die DDR nur sehr wenige Mittel für Kirchen zur Verfügung stellte und mit diesen lediglich die notwendigsten Arbeiten zur Erhaltung des Doms finanziert werden konnten. Dazu kamen Vorgaben des Denkmalschutzes, die den Bau einer großen Orgel unmöglich machten.

Schließlich entschied man sich, eine kleinere Orgel zu bauen, die die Kirche selbst finanzieren konnte. So wurde die Orgelbauanstalt “Alexander Schuke Potsdam” mit dem Bau einer Chororgel, die für den gottesdienstlichen Gebrauch im Chorraum, aber auch für Konzerte genutzt werden sollte, beauftragt. Diese Orgel über der Paradiespforte im Querschiff des Doms (deshalb auch “Paradiesorgel”) wurde 1970 fertiggestellt. Der Prospekt wurde von Fritz Leweke aus Halle (Saale) entworfen.

Magdeburger Dom-Grundriss mit Orgeln, bearbeitet nach Georg Dehio/Gustav von Bezold (vgl. https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=65751: “Diese Abbildung stammt aus Georg Dehio/Gustav von Bezold: Kirchliche Baukunst des Abendlandes. Stuttgart: Verlag der Cotta’schen Buchhandlung 1887-1901, Tafel 5. Aufgrund ihres Alters ist sie mit Vorsicht zu benutzen. Sie entspricht nicht notwendigerweise dem neuesten Wissensstand oder dem aktuellen Zustand des abgebildeten Gebäudes.”)

Technische Ausstattung

(Die unterstrichenen Begriffe finden sich im Orgelglossar.)

Die Chororgel besitzt drei Manuale und Pedal. Auf dem ersten Manual befindet sich das Rückpositiv, auf dem zweiten das Hauptwerk und auf dem dritten das Brustwerk. Die Orgel weist kein Schwellwerk auf und hat eine rein mechanische Traktur. Insgesamt hat die Orgel 37 Register. Die Disposition ist im neobarocken Stil mit wenigen 8‘- und 16‘-Registern, sieben Zungen und Mixturen in Rückpositiv, Hauptwerk und Pedal angelegt. Der Klang ist so eher spitz und klar, dafür aber etwas rau. Sowohl das Rückpositiv als auch das Hauptwerk sind mit dem Pedal koppelbar. Rückpositiv und Brustwerk können an das Hauptwerk gekoppelt werden.

Dadurch ist Barockmusik sehr authentisch darstellbar, bei anderen Epochen tauchen aber spieltechnische und klangliche Probleme auf. Hier fehlen oft das Schwellwerk und alternative, gut mischbare Register im 8‘-Bereich, die beispielsweise für romantische Musik benötigt würden.

Dennoch ist das Instrument für die Entstehungszeit beachtlich und erhaltenswert. Auch nach dem Neubau der romantisch-sinfonischen Hauptorgel (bis 2008) wird die Chororgel weiterhin intensiv genutzt und kann ihrer Stilistik entsprechend ihre Stärken ausspielen.

Die gesamte Disposition kann hier angesehen werden.

Klangbeispiele

CD:

Barry Jordan – Die drei Orgeln des Magdeburger Doms (eingespielt 2021, mit Hörproben)

Literatur

Domorgeln Magdburg e.V., Die Paradiesorgel, http://www.aktion-neue-domorgeln-magdeburg.de/dieparadiesorgel.php.

Martin H. Groß, Ulrike  Groß (Hrsg.), Orgeln im Magdeburger Dom – einst und jetzt, Magdeburg 2008.

Links

Domorgeln Magdeburg e. V. (Website des Vereins)

Die Orgeln im Dom St. Mauritius und St. Katharina zu Magdeburg (Daniel Kunert Musik-Medienhaus: Das Portal der Königin)

Eine Schuke-Orgel gibt es auch in der Propsteikirche St. Peter und Paul in Dessau.

Video (Link)

Die Orgel – ungewohnte Einblicke in das Instrument des Jahres 2021
Das anschauliche Video von KMD Martina Pohl und Ulrike Großhennig bietet Schüler*innen die Möglichkeit, am Beispiel der Hildebrandt-Orgel in Sangerhausen in das Innere einer Orgel zu schauen, die Funktionsweise kennenzulernen, Fragen zu stellen und sich Detailwissen anzueignen. Das Video ist für schulische Zwecke genauso geeignet wie für Interessierte an diesem einzigartigen Instrument.

Materialien zum Download

Powerpoint-Präsentation:

Von der Taste zum Ton (Eine kleine Führung durch die Orgel)

Von der Taste zum Ton (PDF-Datei)

Arbeitsblätter:

Blanko-Arbeitsblätter zum Ausfüllen (für Grundschule und ab Sekundarstufe I) für Exkursionen zu regionalen Orgeln im Unterricht (Erstellung von Orgelsteckbriefen) finden Lehrer*innen auf dem Bildungsserver des Landes unter Regionalkultur.

Auf den Arbeitsblättern zu Leonhart Schröter und Gallus Dressler gibt es jeweils ein Interview mit dem Magdeburger Domkantor Barry Jordan zum Beruf des Kantors / der Kantorin.

Friederike Heckmann 2018, letzte Aktualisierung Mai 2021

Der Beitrag entstand im Rahmen eines Seminars im Sommersemester 2018 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.