Instrumente

Ladegast-Orgel in der Marienkirche Weißenfels

Ladegast_St.Marien
Das “Meisterstück” von Friedrich Ladegast steht in der Kirche St. Marien in Weißenfels

Orgelbauer

Friedrich Ladegast

Orgelgeschichte

(Die unterstrichenen Begriffe finden sich im Orgelglossar.)

Die Ladegast-Orgel in der Marienkirche wurde 1864 als repräsentative große Orgel für die Weißenfelser Stadtkirche gebaut und stellt heute Ladegasts älteste erhaltene dreimanualige Orgel dar. Ladegast spielte das Instrument häufig selbst, da er – wie auch seine Frau Berta – seinen Schwiegervater, den Weißenfelser Kantor Lange, öfter vertrat. Somit wurde die Orgel für Ladegast zum Referenzobjekt für seine Orgelbaufirma.

Die romantische Ladegast-Orgel ersetzte in der Stadtkirche eine barocke Orgel aus dem Jahr 1632, gebaut vom Dresdner Hoforgelbauer Tobias Weller, die aber deutlich kleiner und der Größe der Kirche vom Klangvolumen her nicht angemessen war. Die neue Orgel wurde von namhaften Organisten der Zeit als Meisterwerk eingestuft.

Der Prospekt der Orgel ist im neugotischen Stil gehalten. Auffällig ist, dass der Mittelturm nicht mit großen Pfeifen, sondern in zwei „Stockwerken“ mit kleinen Pfeifen ausgestattet ist. Statt der später üblichen Spieltische baute Ladegast noch einen Spielschrank. Das Gehäuse hat jetzt einen weißen Anstrich, war aber ursprünglich holzfarben.

Die Orgel wurde mehrfach umgebaut (1932, 1955, 1980) und dabei im Klang verfälscht. Im Jahr 1996 rekonstruierte der hallesche Orgelbaumeister Thomas Hildebrandt die originale Schwellwerksdisposition, so dass der Klang dem Original wieder näherkam.

Seit Ende 2018 wird die Orgel erneut restauriert und soll baulich und klanglich in den originalen Zustand versetzt werden. Die Gemeinde hofft, dass sie im Ostergottesdienst 2021 wieder erklingen kann. Die Stiftung Orgelklang wählte das Instrument zur “Orgel des Monats April 2020” und unterstützt die Restaurierung mit 9.000 Euro.

Technische Ausstattung

Die Orgel hat drei Manuale und Pedal sowie 41 Register, nachdem sie von Ladegast zunächst als zweimanualiges Instrument mit 19 Registern entworfen worden war. Die Erweiterung wurde möglich, als in der Kirche auf Anraten Ladegasts eine der Emporen entfernt worden war und sich dadurch die Akustik verbessert hatte. Die Traktur ist mechanisch und noch mit Schleifladen ausgestattet, obwohl sich in dieser Zeit bereits das Kegelladensystem durchsetzte, von dem Ladegast nicht viel hielt, das er aber bei anderen Orgeln dennoch einsetzte.

Die Orgel besitzt große, ungedackte Basspfeifen aus Holz (Principal 32’), die auf Emporenbodenhöhe im hinteren Bereich der Orgel aufgestellt sind. Ein solches offenes Register ist nur bei sehr großen Orgeln möglich und hebt den Klang auf „Kathedralenniveau“ (Brülls S. 258, s. u. Literatur). Leider war dieses Register von der Wirkung her bis zur derzeitigen Restaurierung nicht zufriedenstellend. Insgesamt ist der Klang der Orgel eher schlank.

Klangbeispiele

CD-Einspielung: Orgel der Stadtkirche St. Marien zu Weißenfels
Inhalt:
G. A. Merkel: Orgelsonate Nr. 2
F. Tunder: Choralfantasie “Auf meinen lieben Gott”
J. S. Bach: Präludium & Fuge BWV 532
F. Liszt: Ave Maria; Präludium & Fuge über B-A-C-H
Organist: Alexander Koschel, Label: Fagott-Edition ( F-3903-5 EAN: 4260038390351), Aufnahme 1998, Produktion 2004

Literatur

Holger Brülls, Ladegast-Orgeln in Sachsen-Anhalt, Petersberg 2005.

Henrike Rucker, “Das Kantorat und die Musikpflege an der Weißenfelser Stadtkirche St. Marien zwischen 1746 und 1823”, in: Bürgerliches Musizieren im mitteldeutschen Raum des 18. Jahrhunderts (= Beiträge zur Regional- und Landeskultur Sachsen-Anhalts, H. 53), hrsg. von Kathrin Eberl-Ruf, Carsten Lange, Annette Schneider, Halle (Saale) 2010, S. 117–127.

Kontakte

Orgelförderverein der Ladegastorgel in St. Marien zu Weißenfels e. V.
Gustav-Adolf-Straße 1, 06667 Weißenfels
Telefon: 03443-802697
E-mail: martin.schmelzer(at)kirchenkreis-merseburg.de

Links

Orgelförderverein der Ladegast-Orgel zu St. Marien in Weißenfels

Stiftung Orgelklang

Des Meisters Liebling – Warum die Sanierung der Ladegastorgel so aufwendig ist (Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung vom 14.05.2020)

Anregungen für den Unterricht

Im Rahmen einer Unterrichtsreihe zu Friedrich Ladegast in Weißenfels kann die Orgel in der Marienkirche, die als beispielhaft für Ladegasts große Orgeln gilt, Gegenstand einer Exkursion sein. Anschließen könnte sich die Ladegast-in-Weißenfels-Rallye.

In der St-Laurentius-Kirche in der Weißenfelser Neustadt gibt es ein Museum mit Schwerpunkt auf Leben und Werk Friedrich Ladegasts.

Video (Link)

Die Orgel – ungewohnte Einblicke in das Instrument des Jahres 2021
Das anschauliche Video von KMD Martina Pohl und Ulrike Großhennig bietet Schüler*innen die Möglichkeit, am Beispiel der Hildebrandt-Orgel in Sangerhausen in das Innere einer Orgel zu schauen, die Funktionsweise kennenzulernen, Fragen zu stellen und sich Detailwissen anzueignen. Das Video ist für schulische Zwecke genauso geeignet wie für Interessierte an diesem einzigartigen Instrument.

Materialien zum Download

Arbeitsblätter:

Ladegast-in-Weißenfels-Rallye (Lösungsblatt für Lehrer*innen auf dem Landesbildungsserver)

Blanko-Arbeitsblätter zum Ausfüllen (für Grundschule und ab Sekundarstufe I) für Exkursionen zu regionalen Orgeln im Unterricht (Erstellung von Orgelsteckbriefen) finden Lehrer*innen auf dem Bildungsserver des Landes unter Regionalkultur.

Powerpoint-Präsentation:

Von der Taste zum Ton (Eine kleine Führung durch die Orgel), Autorin: Friederike Heckmann

Von der Taste zum Ton (PDF-Datei)

SM 2017, letzte Aktualisierung Mai 2021